10 Fragen an Stefan Krüllmann – Chief Officer
Im heutigen Interview haben wir Stefan ein bisschen ausgefragt über seinen Weg in der Seefahrt und auch einige tolle Tipps mitbekommen, für alle die, die mit dem Gedanken spielen, zur See zu fahren.
1. Warum hast Du diesen Karriereweg gewählt und wie lange bist Du schon in deiner jetzigen Position?
Bei mir ist der Karriereweg geprägt von der Urlaubsortwahl meiner Eltern, denn als Kleinkind ging es oft in den Sommerferien an die Nordseeküste, vorzugsweise auf eine der deutschen Nordseeinseln. Dabei war für mich immer die Fähre das absolute Highlight und hat wohl mein Interesse für die Schifffahrt früh geweckt. Denn eigentlich komme ich aus dem Münsterland, wo das Thema Schifffahrt nicht gerade präsent ist.
Nach meiner Ausbildung zum Binnenschiffer, habe ich im Nautik Studium TUI Cruises kennengelernt und auch ein Teil meines Praxissemester an Bord verbracht und so den Grundstein der Karriere gelegt.
Seit dem Lay-Up der Schiffe im letzten Jahr habe ich stellvertretend den Job des Chief Offiziers ausgeübt. Offiziell befördert wurde ich dann im vergangenen April.
2. Was genau ist Deine Aufgabe an Bord
Meine Hauptaufgabe an Bord ist das sichere Führen des Schiffes unter Einhaltung von hohen Sicherheits- und Umweltstandards in Vertretung des Kapitäns. Die Brücke selbst ist an Bord eines Kreuzfahrtschiffes sowohl auf See als auch im Hafen 24 Stunden besetzt und spielt eine wichtige Schlüsselrolle für alle Operation rund ums Schiff.
Abgesehen von dem Dienst auf der Brücke, bin ich in der Funktion als Chief Officer für die Wartung und Instandhaltungsmaßnahmen des Schiffes zuständig. Dazu steht mir ein 23-köpfiges Team zur Verfügung. Bei den Arbeiten liegt die Kunst darin, das Schiff in einem guten Zustand zu halten, ohne dabei die Gäste bei Ihrem wohl verdienten Urlaub zu stören.
Darüber hinaus bin ich für die Reiseplanung und Brückeninstrumente verantwortlich.
3. Welche Voraussetzungen und Qualifikationen sind für die Position notwendig?
Die Grundvoraussetzung als Nautischer Offizier zur See zu fahren, ist ein 8-semestriges Nautik Studium, welches aus 6 theoretischen und 2 praktischen Semestern besteht. Nach Beendigung des Studiums bekommt man ein Patent ausgestellt, welches einen befähigt in den Rängen Dritter und Zweiter Offizier zufahren.
Für die Position des Chief Officer ist ein Chief Mate Patent erforderlich, welches man nach einer netto Fahrtzeit von einem Jahr als Dritter oder Zweiter Offizier erlangt.
Zu Erlangung des Captain Patents ist eine weitere Netto Fahrtzeit von einem Jahr als Erster Offizier oder 2 Jahre als Dritte/Zweiter Offizier von Nöten.
4. Wie sieht ein typischer Arbeitstag an Bord bei Dir aus?
Wie bereits erwähnt ist die Brücke an Bord eines Kreuzfahrtschiffes 24 Stunden am Tag bemannt. Dies wird durch ein klassisches drei Wachen System erreicht, dabei ist eine Wache 4 Stunden lang, gefolgt von einer wach freien Zeit von 8 Stunden.
Ein typischer Tag an Bord am Beispiel der 4-8 Wache:
Mein Tag startet um 03:30 morgens mit dem „Wake-Up Call“ der 0-4 Wache. Nach dem ersten Kaffee und einem Hand-Over Briefing übernehme ich ab 04:00 Uhr die Leitung der Wache auf der Brücke. Gegen 8 Uhr übergebe ich die Wache wiederum an den nachfolgenden Wachoffizier und es ist Zeit fürs Frühstück.
Von 09:00 bis Mittag kümmere ich mich hauptsächlich um die Wartung und Instandhaltungsmaßnahmen des Schiffes.
Nach dem Mittag habe ich bis 16 Uhr Pause und nutze diese entweder für einen Landgang, sonstige Freizeit Aktivitäten oder auch gelegentlich für ein nachmittags Nickerchen. Von 16:00 bis 20:00 bin ich dann wieder auf der Brücke ehe es heißt „Feierabend für Heute“.
5. Welche Deiner Eigenschaften haben Dein Leben an Bord erleichtert?
Ich denke eine gewisse Toleranz deinen Mitmenschen gegenüber ist sehr wichtig, da bis zu 47 verschiedene Nationalitäten mit unterschiedlichen Sitten und Gebräuchen aufeinandertreffen.
Des Weiteren sollte man eine Hands-on Mentalität mitbringen und sich dabei nicht zu schade zu sein, mit anzupacken. Denn anders als bei einem Land Job geht man nicht nach Feierabend nach Hause und einige Jobs müssen sofort erledigt werden und lassen sich einfach nicht auf den nächsten Tag verschieben.
6. Erzähle uns etwas was nicht viele Menschen von Dir wissen!
Ich habe tatsächlich bisher noch nie eine Kreuzfahrt als Gast erlebt.
7. Was war bisher Dein schönstes Erlebnis an Bord?
Es gab schon so einige sehr schöne Erlebnisse an Bord, so dass es mir schwer fällt mich auf einzelne Erlebnisse festzulegen.
Um die Frage jedoch zu beantworten, möchte ich zwei besondere Highlights nennen, und zwar einmal das Einlaufen in New York/ Passieren der Freiheitsstaue, sowie das Durchfahren des Geiranger Fjords in Norwegen.
Das größte Highlight für mich war jedoch das Trockendock mit der Mein Schiff 3, verbunden mit der Möglichkeit das zu sehen was eigentlich immer verborgen bleibt.
8. Welchen Tipp möchtest Du jedem mitgeben, der einmal an Bord arbeiten möchte?
Zieh deinen Plan durch, denn auch wenn du letztendlich nur einen einzigen Vertrag fährst, ist das eine Erfahrung fürs Leben.
Persönlicher Tipp: Pack nicht zu viele private Anziehsachen ein, denn dein meist getragenes Outfit wird die Uniform sein und so bleibt dir auch mehr Platz noch ein paar Andenken aus aller Welt mich nach Hause zu bringen.