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Alle Man(n) an Bord – #Diversity in der Seefahrt

Es ist #pridemonth und genauso wie dieser Monat die Diversität der Menschen feiert,  wollen wir im heutigen Beitrag auch einmal auf die Vielfalt in der Kreuzfahrtindustrie eingehen.

Auf den ersten Blick sieht man natürlich gleich: Hier befinden sich etliche Nationalitäten auf engstem Raum, je nach Schiffsgröße können es sogar bis zu 120 verschiedene sein. 😱
Doch damit nicht genug! Auf einem Kreuzfahrtschiff tummeln sich zudem unterschiedlichste Religionen, Geschlechter, Kulturen, Altersgruppen und Hautfarben – ein Melting Pot sozusagen.

Dort zu leben und zu arbeiten, fühlt sich an, als ob die Welt auf ein 3000 Seelen-Schiff zusammen geschrumpft ist.

Doch was bringt diese Konstellation für Herausforderung mit sich und wie können wir – nicht nur in der Seefahrt – von mehr Diversität profitieren?

Kommunikation

spielt in einer multikulturellen Umgebung natürlich eine große Rolle. Auf dem größten Schiff auf dem ich selbst tätig war, hatten wir zu Höchstzeiten 42 verschiedene Nationalitäten – das machte rund 20 verschiedene Sprachen aus. Von den unterschiedlichen Dialekten ganz zu Schweigen. Bordsprache ist in den meisten Fällen Englisch, allerdings kann die Kompetenz da ganz schön schwanken. Dann geht schnell mal eine wichtige Info unter oder wird eine Ansage falsch verstanden. Es liegt also am Management, einerseits das Lernen der Bordsprache zu unterstützen und andererseits glasklare Anweisungen zu geben und sich stets rück zu versichern, dass die Nachricht auch angekommen ist.
Nimmt man dann noch die non-verbale Kommunikation hinzu, wird es noch schwieriger… aber auf die Feinheiten der Interkulturellen Kommunikation gehen wir ein ander mal ein.

Diskriminierung

ein hartes Wort, allerdings muss bei einem solchen Kulturen-Clash wie in der Seefahrt auch darauf eingegangen werden. Zum Glück bin ich in meiner Zeit auf See damit nicht in Berührung gekommen, denn es gibt für diese Vorfälle natürlich strenge Protokolle an Board. Human Resources hat zum Beispiel immer ein offenes Ohr für Crew, die sich missverstanden oder sogar angegriffen fühlt. Zudem gibt es eine anonyme, kostenlose Hotline um Vorfälle zu melden.
Gelegentlich trifft man auf stereotype Äußerungen, die aber in den meisten Fällen mit ein paar klaren Worten und einer aufgeschlossenen Haltung aufzuklären sind.

Arbeitsmoral

unser Schiff ist natürlich nicht nur unser Zuhause sondern gleichzeitig auch unser Arbeitsplatz. Und als solcher treffen wir auch hier auf verschiedene Arbeitsweisen und Einstellungen, die kulturell beeinflusst sind. Erfahrungsgemäß sind z.B. die philippinischen Crewmitglieder sehr ambitioniert bei der Arbeit, während Ost-Europäer das Ganze schon mal ein bisschen relaxter angehen lassen.

Selbstentfaltung

wenn sich dein Leben auf deine Arbeit und eine 9-10qm Kabine beschränkt, ist es mit der Entfaltung so eine Sache… Gerade beim Thema Religion stößt man in der Seefahrt auf Herausforderungen. Muslimische Crew, die während des Ramadan besondere Mahlzeiten benötigen, streng-katholische Crew, die Sonntags auf jeden Fall eine Messe besuchen wollen – der Grat zwischen dem, was an Board umsetzbar ist und was gewünscht wird, ist dabei ein recht schmaler. Du hast Crew, die sportliche Aktivitäten brauchen um den Stress des Tages abzuschütteln und die, die lieber bei einem Glas Wein “herunterkommen”. Auf großen Schiffen gibt es einen eigenen Verantwortlichen, der sich nur um das Wohlbefinden der Crew kümmert. Als Mitglied der Human Resource Abteilung, ist er/sie Ansprechpartner, Mentor und Freund für Alle. Sie organisieren Fußballspiele, Crew Partys und gemeinsame Landausflüge.

Kampf der Geschlechter

die Seefahrt war bisher eine vorwiegend von Männern dominierte Branche, weil der Beruf körperlich sehr anstrengend war und man lange Zeit von der Familie getrennt leben musste. Doch das hat allmählich ein Ende: Am Internationalen Frauentag 2020 legte die Celebrity Edge mit einer rein weiblichen Besatzung von Hotel und Deck Offizieren ab und war damit das erste Kreuzfahrtschiff dieser Art. Wie in den meisten großen Konzernen findet auch in der Kreuzfahrtindustrie langsam ein Umdenken statt und mehr und mehr Frauen schaffen es in die Führungsetage. Am Beispiel von Jan Swartz (CEO Princess Cruises) und Lisa Lutoff-Perlo (CEO Celebrity Cruises) kannst du gut sehen, wie erfolgreich Kreuzfahrtflotten unter weiblicher Führung sein können, auch wenn wir bei gerade mal 2% weiblicher Seefahrer noch einen langen Weg vor uns haben.

Jetzt aber genug mit den Challenges…

Wie können wir diese so einzigartige Diversität an Board für uns nutzen?

Die besten Insider-Tips

Frag mal den Italiener an Bord wo du beim nächsten Anlegen in Neapel die beste Pizza findest  – das stellt jeden Reiseführer in den Schatten. Mittlerweile kenne ich in fast jedem Land jemanden, den ich um Rat oder Hilfe bitten könnte, wenn es mich mal wieder dorthin verschlägt und damit fühlt sich die Welt doch gleich ein bisschen kleiner an.

Flache Hierarchien

das mag seltsam erscheinen, da ein Schiff hierarchisch eigentlich streng durchorganisiert ist, vom Kapitän hin zum Poolboy. Wenn man aber so viele Kulturen auf allen Ebenen zusammen bringt, vermeidet man unweigerlich, dass sich manche Nationalitäten anderen gegenüber überlegen fühlen.

Teamwork

in dem du dich tagein, tagaus mit Crewmitgliedern anderer Sprache, Kultur und Herkunft auseinandersetzt, lernst du automatisch, wie es ist in einem großen Team zu arbeiten. Die Crew ziehen gemeinsam alle an einem Strang mit dem vorrangigen Ziel, eine tolle Gasterfahrung zu schaffen. Wer sich nicht ins Team einpassen kann, wird es auf lange Sicht sehr schwer haben.

Wissen teilen

auch die Fähigkeiten sind an Bord bunt gestreut. Wusstest du zum Beispiel, dass der Barkeeper an Deck eigentlich Psychologie studiert hat, er jetzt aber “mal was anderes” machen wollte? Was auch immer du an Wissen oder Fähigkeiten brauchst, es ist mit ziemlicher Sicherheit an Bord zu finden. Und der gegenseitige Austausch hilft auch dabei, sich neue Sprachen anzueignen.

Über den Tellerrand schauen

und den eigenen Horizont erweitern, kommt ebenfalls ganz von selbst wenn so viele verschiedene Kulturen zusammen leben. Die Partys zum indischen Unabhängigkeitstag waren zum Beispiel kaum zu übertreffen, so viel Nationalstolz macht uns als Deutsche ja schon fast unbehaglich.
Und wenn du dich beim Abendessen mit deinem Tischnachbar über sein Zuhause unterhältst, lernst du so viel mehr kennen, als nur den Ort an dem er wohnt. Andere Essgewohnheiten, Lebenseinstellung, Glaubensrichtungen, you name it. Wir können so viel voneinander lernen, wenn wir uns nur gegenseitig zuhören.

Diversität in der Seefahrt ist ein großes Thema und bringt neben all den Vorzügen natürlich auch einige Herausforderungen mit sich.  Diese sind jedoch durch strukturiertes Management, Trainings und viel Aufklärungsareit gut zu “umschiffen”, so dass sich jeder an Bord willkommen fühlt. Und für die Gäste macht vor allem der bunte Mix den Zauber an Bord aus.

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